Synonym: “Saint John’s Fig” (“St. Johannisfeige”); eventuell identisch mit der tunesischen Sorte “Bouhouli” (der Hauptsorte der seit 2012 mit geschützter Ursprungsbezeichnung registrierten “AOC Figues de Djebba”, der “Feigen von Djebba”)
- Wuchs: groß, rasch wachsend.
- Holz: dunkel-braun.
- Knospen: gelb-grün.
- Blätter: 3-lappig, normal tief geschlitzt, stark gewellter Rand.
- Früchte: San-Pedro-Typ. Früchte braun-grün bis violett-schwarz, deutlich gerippt, innen bernsteinfarben bis hellrot oder braun, kurz gestielt, Geschmack: ++ (von +++).
- Frühfeigen (Blütenfeigen/Brebas): wo die Feigengallwespe fehlt, einzig mögliche Ernte. Sehr früh, VI/VII, um die Ostiole, an den Rippen und der Sonnenseite violett-braun, sonst grün, delikat, süß und saftig, schmelzend, sehr große Ernte, große, tropfenförmige Früchte.
- Herbstfeigen: 6-8 Wochen später, VIII/IX, kleiner, abgeplattet. Erntemenge ähnlich der Brebaernte. Benötigen aber Kaprifikation, um auszureifen, daher nördlich der Alpen i. d. R. keine Ernte.
- Haut: dickschalig, wird auf Malta vor Verzehr geschält.
- Ostiole: oft groß, rosa, bei Reife offen. Platzt bei Reife oft auf.
- Winterhärte: unbekannt.
- Witterungsbeständigkeit: unbekannt.
- Kübelhaltung: unbekannt.

Weitere Infos: San-Pedro-Typ (d.h.: die Brebas benötigen keinen Blastophagen zum Ausreifen, die Herbstfeigen jedoch schon, weshalb letztere nördlich der Alpen unbefruchtet abfallen). “San Ġwann” (maltesisch, lies: “San Dschuann”) ist die auf Malta verbreiteste Feigensorte, laut mündlicher Auskunft eines maltesischen Gärtners gehören fast 90% der dortigen Feigenbäume zu dieser Sorte. Sie trägt dort bereits im Mai/Juni eine außergewöhnlich große Menge an Brebas (“Bajtar ta’ San Ġwann”). Sie bilden eine traditionelle Speise am Johannistag (24. Juni), daher der Name “St. Johannisfeige”. Wo die Feigengallwespe bestäubt, liefert die Sorte eine etwa gleich große Ernte an Herbstfeigen (“Tin ta’ San Ġwann”), die auf Malta vorwiegend als Trockenfeigen verwendet werden.
“San Ġwann” gilt als antike Sorte. Die maltesischen Inseln gehören nicht zum ursprünglichen Verbreitungsgebiet von Ficus carica, so dass alle dort vorkommenden Feigensorten von Menschen eingeführt worden sind. Die weite Verbreitung von “San Ġwann” spricht dafür, dass die Sorte schon vor sehr langer Zeit eingeführt wurde und sich aufgrund ihrer Qualität nach und nach überall durchsetzte. Die griechische Mythologie, die bekanntlich oft historische Erinnerungen verarbeitet, berichtet von einem siebenjährigen Aufenthalt des Odysseus bei der Nymphe Kalypso auf der Insel Gozo, die zum maltesischen Archipel zählt. Homer beschreibt in der Odyssee (Dritter Teil: Heimkehr Helden von Troja, Drittes Buch: Odysseus [2. Teil], Odysseus und Laertes) explizit, dass Odysseus schon als Kind von seinem Vater Laertes 40 verschiedene Feigenbäume bekam, die dieser ihm zuvor gezeigt und benannt hatte. Brachten also griechische Auswanderer und Reisende wie Odysseus die im antiken Griechenland kultivierten Sorten auch bis nach Malta? Allerdings gibt es auf Malta keinerlei Spuren griechischer Besiedlung.
Es lassen sich hier aber archäologisch ab etwa 800 v. Chr. phönizische Niederlassungen nachweisen. Das Handel treibende Volk der Phönizier, dessen Mutterstädte sich im ursprünglichen Verbreitungsgebiet der Feige befinden (Küste des Libanon und Syrien), errichtete im südlichen Mittelmeerraum Handelsstationen und brachte mit ihren Kulturtechniken und -produkten sicherlich auch ihre besten Feigensorten und ihr Wissen über die Kultur der Feige mit. Trockenfeigen waren nämlich für die Schifffahrt der Antike unabdingbar, denn mit der geballten Energie, den enthaltenen Vitaminen und Spurenelementen konnten man Seefahrer auch auf längeren Fahrten und im Winter ernähren. Bekannt ist die Bedeutung von Trockenfeigen für die Seefahrt von den Römern bis hin zu den Venezianern (siehe Figo Moro da Caneva). Die Phönizier dürften die ersten gewesen sein, die die Bedeutung von Feigen für die Seefahrt erkannten. Wichtigste phönizische Gründung wurde Karthago (in der Nähe des heutigen Tunis), aus der das Punische Reich hervorging, das erst im Konflikt mit den Römern unterging.
Die Identifikation mit der tunesischen Sorte “Bouhouli” wäre, so sie sich bestätigt, ein weiteres starkes Argument für die phönizische Herkunft der Sorte, denn einerseits gehörte Malta jahrhundertelang zum Karthagischen Reich und andererseits liegt das heutige Bergdorf Djebba el Olia im fruchtbaren Hinterland Karthagos. In der Oase am Djebel El Gorraa werden auf traditionelle Weise 17 Feigensorten kultiviert, deren wichtigste (85%) “Bouhouli” ist. Das Dorf mit den “Hängenden Gärten” nutzt noch antike Wasserleitungssysteme zur Bewässerung der Feigen- und Obstbäume (gewöhnlich werden die Kanäle als römische Errungenschaft angesehen, sie könnten allerdings durchaus schon von Karthagern gebaut worden sein; nur ist über die phönizisch-punische Epoche allzuwenig bekannt. Arabische Autoren datieren die Kanäle ins 17. Jahrhundert und dokumentieren damit vermutlich eine bedeutende Erneuerung des Wasserleitungssystems).
Insofern handelt es sich bei “San Ġwann” womöglich um die älteste noch heute bekannte Feigensorte.
Nach den Phöniziern bzw. Karthagern oder Puniern kamen Römer, Araber und die von der Insel Rhodos vertriebenen Johanniter nach Malta. Auch allen diesen wäre natürlich zuzutrauen, unsere Feigensorte nach Malta gebracht zu haben. Sofern die Sorte auch in Tunesien verbreitet ist, scheiden die Johanniter allerdings als “Kulturbringer” aus. “San Ġwann” ist heute außerhalb Maltas (und Tunesiens?) nicht bekannt, so dass die Herkunft dieser Sorte nicht mehr sicher nachzuvollziehen ist, auch wenn starke Indizien auf Phönizien bzw. Karthago deuten.
Links (oft gut bebildert): https://archive.org/details/cultivationdisea00borgrich/page/140/mode/2up https://agrikoltura.gov.mt/en/phd/Documents/guidelines/figTreeBookletOnlineEN.pdf https://www.ilmiklem.com/bajtar-ta-san-gwann/ https://figvarieties.com/fig_varieties/saint-johns-malta/ http://figs4funforum.arghchive.com/post/st-john-of-malta-6165638 https://www.youtube.com/watch?v=EKv_5sfIV7w
https://pampat.tn/en/figues-de-djebba-aoc/ https://www.fondazioneslowfood.com/en/ark-of-taste-slow-food/bouhouli-fig/ https://www.fondazioneslowfood.com/en/slow-food-presidia/ancient-figs-varieties-of-djebba/ https://www.aramcoworld.com/Articles/March-2024/Can-Fig-Trees-Help-Us-Adapt-To-A-Changing-Climate